Montag, Februar 18, 2008

Sayyed Hossein Kazemeyni Borudscherdi

Sayyed Hossein Kazemeyni Borudscherdi (persisch سيد حسين كاظمينی بروجردی‎) ist ein iranischer Ajatollah und Autor zahlreicher Bücher und Abhandlungen, die sich mit dem Koran, Spiritualität und ethischen Fragestellungen beschäftigen. Borudscherdi ist in Teheran geboren und wuchs in Qom auf.

Position

Als Anhänger der im Iran zur Staatsreligion erhobenen Zwölferschia setzt sich Borudscherdi für die Trennung von Religion und Staat ein. Damit steht er in der langen Tradition des schiitischen Klerus, der die Illegitimität weltlicher Regierungen betont. Der einzig legitime politische Herrscher ist dieser schiitischen Überzeugung nach der Verborgene Imam. Mit dieser Position steht Borudscherdi den herrschenden politischen Verhältnissen im Iran ablehnend gegenüber. Er ist daher im Iran der Verfolgung durch offizielle Stellen ausgesetzt. In einem Brief an den Papst und die Europäische Union und den UNO-Generalsekretär Kofi Annan [1] beschrieb er die mysteriösen Umstände des Todes seines Vaters Ayatollah Seyyed Mohammad Ali Kazemeyni Borudscherdi 2002 und die nachfolgende Beschlagnahmung der Moschee seines Vaters sowie weitere Schikanen durch Regierungsstellen.

Borudscherdi kritisiert die Art und Weise des im Iran geübten Konzepts der Velayat-e Faqih (Herrschaft des Obersten Rechtsgelehrten) (persisch: ولایت فقیه) und begründet seine Kritik u.a. damit, dass die Iraner müde seien der politischen Sprüche, wohl aber auf den Fundamenten der Religion und der Mission Mohammeds stünden. Die Iraner hätten aber genug von der Politisierung der Religion und die Ausnutzung der Religion durch Gruppen, die nichts mit ihr zu tun hätten. Der Islam sei die Religion der Toleranz, der Duldsamkeit und des Mitleid. Der Koran unterstreiche, dass es keinen Zwang in der Religion geben dürfe. [2]"

Navid Kermani vergleicht diese schiitische Strömung mit jenen ultra-orthodoxen Juden, die den Staat Israel ablehnen [...] verwerfen sie alle menschlichen Versuche, die göttlich-gerechte Ordnung auf Erden zu errichten. [...] Eine von Menschen geschaffene, „Islamische“ Republik ist für diese Traditionalisten Ketzerei. [3]

Inhaftierungen

Borudscherdi wurde 1995[4], 2000[4] und erneut 2006 zusammen mit vielen Anhängern am 8. Oktober 2006[5][6] (nach andren Quellen bereits am 20. September[4][7]) in Teheran inhaftiert, nach einem Zusammenstoß zwischen der Polizei und hunderten seiner Anhänger. Iranische Offizielle werfen Borudscherdi vor, er sei ein Vertreter des Verborgenen Imam, der dem schiitischen Glauben zufolge zurückkehren wird, um das islamische Weltreich zu regieren. Borudscherdi hat diese Behauptungen zurückgewiesen.[5] Die Iranische Regierung verfügte nach der Verhaftung Borudscherdis 2006 dessen Überführung in das Evin-Gefängnis. Im Evin-Gefängnis kam es in der Vergangenheit mehrfach zu bis heute unaufgeklärten Todesfällen, es gilt als eines der am wenigsten nach Justiz-Prinzipien geführten Gefängnisse Irans.

Demonstrationen 2006

Vor dem Haus Borudscherdis in der Nähe des Azadi-Platzes (Freiheitsplatz) kam es zu lang anhaltenden Schutzdemonstrationen durch Anhänger Borudscherdis, die eine Verhaftung verhindern wollten. Nach Angaben der Zeitschrift Der Spiegel[4] soll General Morteza Talaie, der Chef der Ordnungskräfte von Teheran, in einem geheimen, aber später im Internet veröffentlichten Brief an die Teheraner Verantwortlichen, mit Rücktritt gedroht haben, würde Borudscherdi verhaftet werden. Inzwischen ist Talaie ohne Angabe von Gründen zurückgetreten.

Bei der Verhaftung Borudscherdis 2006 wurden nach Augenzeugenberichten Spezialeinheiten, Panzer, Hubschrauber und Tränengas eingesetzt. Ebenfalls auf Augenzeugenberichte stützen sich die Angaben, dass sechs Menschen, darunter die Mutter von Borudscherdi, im Rahmen der Festnahme ums Leben kamen. Zusammen mit Borudscherdi sollen 500 Personen verhaftet worden sein, von denen noch 120 im Gefängnis sind. Das Haus Borudscherdis soll inzwischen von Baufahrzeugen dem Erdboden gleich gemacht worden sein.[4][6]

Staatsanwaltschaft fordert Todesstrafe

Bis zum Mittwoch, 14. Juni 2007, 13:00 Uhr soll Borudscherdi Beweise für seine Unschuld sammeln. Das Sondergericht für die Geistlichkeit in Teheran soll danach ein Urteil über ihn und 80 Anhänger fällen. Die Anklageschrift, die mehrere hundert Seiten umfasst, wirft Borudscherdi, der sich selbst als unpolitischen Menschen sieht, u.a. Gefährdung der Sicherheit des Landes, Unruhestiftung, sowie Infragestellung der islamischen Ordnung unter Ajatollah Chamenei vor. Die Schrift fordert die Todesstrafe für ihn und 17 seiner Anhänger.[6]

Westliche Reaktionen

Amnesty International hat im September 2006, nach den Verhaftungen am 28. September 2006 eine so genannte Urgent Action für Borudscherdi, Nader Khodadad und Nazim Nourbaksh sowie weiteren 40 Gefangen lanciert[7], die - so Amnesty International - in der Abteilung 209 des Evin-Gefängnises festgehalten würden. Das Evin Gefängnis gilt neben dem Teheraner Towhid Gefängnis schon seit Schah-Zeiten aber auch unter der religiösen Führung Chomeinis und Chamene'is als Foltergefängnis.

Todesstrafe

Nach unbestätigten Blog-Berichten wurde Ajatollah Borudscherdi aufgrund von 30 Anklagepunkten, darunter der Missbrauch von Kleidungsstücken für Kleriker, zusammen mit 17 Anhängern von einem 1987 von Ajatollah Chomeini eingerichteten Sondergericht für die Geistlichkeit zum Tode verurteilt.[8] In einem im März ausgestrahlten Fernsehbericht im Iranischen Staatsfernsehen aus dem Evin-Gefängnis ware der körperlich geschwächte und offensichtlich gefolterte Borudscherdi bei einem angeblichen Geständnis gefilmt worden.[8] In ihrer Machart erinnerten die Umstände der Filmaufnahmen und des Geheimprozesses an die Prozesse gegen Rudolf Slánský in der stalinistischen Tschechoslowakei. Ebenfalls im März hatten Augenzeugen des Auftretens von Borudscherdi vor dem Spezialgericht für Kleriker (SCC) einen durch den Hungerstreik seit Februar geschwächten Borudscherdi gesehen[8]. Nach Angaben von Amnesty International, die bereits mehrfach so genannte Urgent Actions für Borudscherdi gestartet hatten, wird Borudscherdi eine ärztliche Behandlung im Evin-Gefängnis nicht gestattet, obwohl er an Parkinson-Krankheit, an Diabetes, hohem Blutdruck und Herzbeschwerden leide[7]. Während der Verhandlung soll er Blut gespuckt haben[7]. Amnesty International setzt sich in der gleichen Urgent Action ebenfalls für Borudscherdis Sohn Sayed Mahdi Kazemeyni Boroujerdi sowie für die Mollas Massoud Samavatiyan, Alireza Montazer Sa’eb, Ali Shahrabi Farahani, Habib Qouti, Ahmad Karimiyan, Majid Alastiein ein[7].

Einzelnachweise

1. ↑ Brief von Borudscherdi an an den Generalsekretär des Europarats, Javier Solana (auf persisch)
2. ↑ Al-Sharq Al-Awsat (London), October 8, 2006 translated at MEMRI
3. ↑ http://www.navidkermani.de/media/raw/Boroujerdi.pdf?PHPSESSID=e1e38bc24f6c39873
4. ↑ a b c d e Nasrin Bassiri: Regimekritischem Ajatollah droht die Todesstrafe Spiegel Online, 12. Juni 2007
5. ↑ a b Sadeq Saba. „Iran arrests controversial cleric“, BBC News, 8 October 2006. (in englisch)
6. ↑ a b c Navid Kermani: Jenseits der roten Linie, In: Sueddeutsche Zeitung, 2007, Nr. 138, S. 13
7. ↑ a b c d e Amnesty International: Willkürliche Festnahmen / Mögliche Gewaltlose politische Gefangene Iran
8. ↑ a b c Blog-Bericht eines englisch-iranischen Bloggers vom Freitag, 15.06.2007

Quelle200802: http://de.wikipedia.org/wiki/Ayatollah_Boroujerdi

Freitag, Februar 01, 2008

Frauenunterdrückung?

Derik kennt gewiss andere Familien als ich, denn ich kenne zahlreiche Familien, in denen Frauen und Mädchen benachteiligt sind, aber es stellt sich mir nicht als spezifisches Problem von Muslimen dar, sondern findet sich auch in anders religiösen und vollkommen unreligiösen Kreisen.

Die Frauenbenachteilung/Unterdrückung hat zwar in allen Kreisen einige Ursachen in Traditionen, aber auch in mangelnder Bildung, weniger intellektuellem Umfeld, oft auch Verwahrlosung, in der das Recht des Stärkeren zum Vorschein tritt.

Wie also ändern? Ich mache es so, dass wenn ich beispielsweise in arabischen Familien erlebe, dass sich mit mir nur Männer hinsetzen, während die Frauen für den Tee-Transport zuständig sind und in der Küche auf Bestellungen warten, dann überlege ich mir rasch einige Fragen, die mir nur diese Frauen beantworten können, also nach Job- oder schulischen Erfahrungen; ruhig auch nach dem Kopftuch und der Freiwilligkeit. Allein der Ton macht die Musik. Und ich komme als GAST, nicht als "Richter".

Noch nie habe ich erlebt, dass dann die Frauen vom Gespräch ausgeschlossen blieben - und sei es nur aus Höflichkeit mir gegenüber. Desgleichen mache ich mit deutschen Eheleuten, wenn die Frauen zu wenig zu Wort kommen. Alles überhaupt kein Problem, wenngleich es die Probleme längst nicht löst, aber einen Beitrag dazu kann jeder leisten.

Und ein Phänomen sollte auch niemand übersehen: Die fehlende Gleichberechtigung schließt so wenig den liebevollen Umgang miteinander aus, wie die vollkommene Gleichberechtigung ein Garant für den liebevollen Umgang wäre, so dass ich auch in sehr konservativen Familien Liebe antraf, um die sie nur zu beneiden waren. So drängt sich nicht selten die Frage auf, was für die Menschen den höheren Stellenwert beansprucht: Die Gleichberechtigung oder die Liebe. Aber klar, denn optimal wäre beides.

-msr-